Das polnische Regie-Duo Elwira Niewiera und Piotr Roslowski drehten diesen Dokumentarfilm wenige Monate vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Niemand rechnete damals mit einer großen russischen Invasion, obwohl der Krieg im Donbass seit Jahren tobte. Auf der Theaterbühne stellen diese von der Maidan-Revolution 2013/14 geprägten jungen Menschen Fragen, die sonst nicht gestellt werden: Was ist das, ein Krieg? Ein Körper? Was ist überhaupt die Ukraine? Was macht das alles mit uns? Es ist ein doppeltes Kunstprojekt: eine Theaterinszenierung, inspiriert von Szenen aus Shakespeares „Hamlet“ sowie Heiner Müllers „Hamletmaschine“, und eine Doku, die während der Proben gefilmt wurde. Die fünf jungen Ukrainer versuchen unter Anleitung der Theaterregisseurin Rosa Sarkissjan Antworten auf diese so schwer zu fassende Gegenwart zu finden. Sie versuchen zu verstehen, was los ist in diesem Land, das es zu zerreißen droht zwischen Russland und Europa, zwischen der alten Generation, die noch die Sowjetzeit kennt, und den Jüngeren, die vom Westen träumen und doch auch etwas Eigenes sein möchten. Die Figur des Hamlet ist der Angelpunkt für diese Erkundung der ukrainischen Gesellschaft, weil auch der Prinz von Dänemark um seine Zukunft und sein Leben betrogen wurde, weil auch er Geister sieht und bemerkt, dass in seinem Land etwas verrottet. Selbst das abgedroschene „Sein oder Nichtsein“ bekommt, wenn es diese jungen Ukrainer auf der Bühne zitieren, ein neues Gewicht. Pathos ist der falsche Weg, um auf Leid und Krieg zu reagieren. In einer abschließenden Einblendung erfahren wir, dass drei der fünf Mitspieler inzwischen in der ukrainischen Armee kämpfen.

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=BxySD52pheg

Filmforum, Kino

Das Hamlet Syndrom OmU

  • In Kiew proben im Jahr 2021 fünf junge Menschen Hamlet
  • K+B+K: Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski – Polen/Deutschland 2022, L: 85 Min. FSK 16