
Ein immer gleicher Ablauf: drei Armeeangehörige klingeln und bringen die schlimme Nachricht: Sohn, Tochter, Ehemann oder -frau sind gefallen. Oras Sohn, Ofer, ist im Westjordanland im Einsatz. Sie wartet auf diese Nachricht und dreht durch. Sie will diese Nachricht nicht entgegennehmen. Sie wandert los, im Schlepptau ihre Jugendliebe Avram, Ofers leiblicher Vater. Mit ihm und Ilan, ihrem späteren Mann, kam sie während des Jom-Kippur-Kriegs im Lazarett zusammen, sie waren jung, hatten überlebt, lagen verwundet im Fieber. Ora sollte dann per Los entscheiden, wer von beiden aus dem Dienst entlassen und mit ihr leben wird. Avram verlor, wurde schwer verwundet und vegetiert als tablettenabhängiger, depressiver Veteran vor sich hin, als Ora ihn Jahre später zu der Wanderung abholt. Während die beiden wandern, beginnt Ora Avram von Ofer zu erzählen – die äußere Wanderung wird zu einer inneren.
David Grossman gelingt es, eine intime Familiengeschichte mit der großen Weltpolitik zu verweben und wesentliche Dinge über sein Land Israel und dessen Bürger zu erzählen, die sich im ewigen Ausnahmezustand eingerichtet haben. Meisterhaft beleuchtet er die Psyche einer Frau und Mutter, erzählt von Liebe und Leidenschaft, von Männerfreundschaft und leisen Nuancen des Alltags in einem von Gewalt und Angst zermürbten Land.
80 Jahre nach dem 2. Weltkrieg und der Befreiung von Auschwitz, 60 Jahre nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel nimmt sich die Moreth Company vor, über Israel zu erzählen, seine Menschen, seine Fragilität, seine Widersprüche.
Die Company hat für die Produktion eine überzeugende Besetzung zusammengestellt. So spielt neben Maria Helgath, die das Landsberger Publikum bereits in „Mein lieber Schwan“ begeisterte, auch Michael Grimm, der die letzten Jahre mehrfach für ein volles Haus sorgte.