Morricone junior erwarb sich am Konservatorium enzyklopädische Kenntnisse der Klassik und entdeckte die Moderne, verdiente sich das Studium in Unterhaltungsorchestern, um sodann als besonnener Zwölftöner zuerst die italienische Popmusik und danach die Filmmusik zu revolutionieren. In dem Film von Giuseppe Tornatore lernt man Ennio Morricone gründlich kennen. Sein Schaffen ist persönlich genug: eigensinnig, kühn und wohlüberlegt, schillernd zwischen einer Melodik die zu Herzen geht und brüsker, weltstürzender Innovation. Tornatore setzt Morricone als einen sorgfältigen Interpreten seiner eigenen künstlerischen Biografie (die mit CINEMA PARADISO begann) in Szene. Die Liste der Zeugen, die seine Legende beglaubigen, ist unvorstellbar lang. Sie umfasst Kollegen wie Quincy Jones und Nicola Piovani, Sänger*innen wie Joan Baez und Gino Paoli, Regisseure wie Bernardo Bertolucci, Quentin Tarantino, Sergio Leone und schließlich Bewunderer wie Bruce Springsteen. Tornatore will nichts auslassen, das entscheidend und bezeichnend ist im Wirken dieses Ausnahmekünstlers. Entsprechend atemlos ist das Tempo seiner großartigen Dokumentation. Wenn Bertolucci über SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD sagt: „Diese Musik hören wir für den Rest Unseres Lebens“, liegt darin ein so erhabenes Pathos, dass man gern Atem holen möchte. Die Kaskade der Worte, Töne und Bilder ist kein Indiz der Ungeduld, sondern ein unausgesetzter, geistesgegenwärtiger Dialog, so klangvoll und zauberisch wie eine Melodie des Maestros.

Filmforum, Kino

Ennio Morricone – Der Maestro

  • Eine Kaskade der Klänge, Bilder und Erinnerungen
  • R+B: Giuseppe Tornatore – K: Giancarlo Leggeri – mit Clint Eastwood, Oliver Stone, Terrence Malick, Hans Zimmer und den bereits erwähnten Filmschaffenden. Italien 2020, L: 150 Min. FSK 12