Je älter die Menschen werden, desto häufiger sind sie mit Demenz und Alzheimer konfrontiert. Der Schauspieler Viggo Mortensen setzt sich in seinem Regie-Debüt mit der Pflege und dem Tod seiner Eltern auseinander und lässt dabei durch eine weitgehend fiktive Erzählung auch persönliche Erfahrungen durchschimmern. Am Anfang von „Falling“ begleitet John (Viggo Mortensen) seinen Vater Willis auf einem Nachtflug. Denn wie sich bald herausstellt: Allein fliegen lassen kann man den Mann, der unvermittelt in wüste rassistische, frauenfeindliche oder homophobe Tiraden ausbricht und ungehalten nach seiner schon vor Jahren verstorbenen Frau ruft, nicht mehr. Durch diese Erinnerungs-Schlupflöcher gelingt es ihm in die Vergangenheit zu driften. Einerseits erzählt er damit vom schwankenden Boden der Wahrnehmung, auf dem sein dementer Vater taumelt, andererseits setzt sich aus den Rückblenden sukzessive auch das Bild einer dysfunktionalen Familie zusammen. Irgendwann wirkt Willis noch wie ein liebevoller Vater, der seine Frau und den neugeborenen John mit rücksichtsvoll Zärtlicher Geste aus dem Krankenhaus nach Hause begleitet. Doch diese Happy-Home-Idylle bekommt bald Risse. Immer mehr Misstöne schleichen sich ein, ein autoritärer, abfälliger und bösartiger Tonfall, der im Alter durch die Krankheit noch verstärkt wird. Kunstvoll verwebt Mortensen die verschiedenen Zeitebenen und Sichtweisen, doppeldeutig oszillierend zwischen Johns eigener Rekapitulation von Kindheit und Jugendjahren und Willis´ bröselnder Erinnerung. „Falling“ kreist um das schwierige Verhältnis von Eltern und Kindern, um Alter, Erinnerung und Vergebung und generell um die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz.

Filmforum

Falling

  • Vom Leben mit einem dementen Familienpatriarchen
  • R+B+M: Viggo Mortensen – K: Marcel Zyskind – D: Lance Henriksen, Viggo Mortensen, Terry Chen, Laura Linney, Sverrir Gudnason, Hannah Gross – DK/GB 2020, L: 112 Min. FSK 12