Bangladesch, im Slum von Dhaka. Hier lebt der 8-jährige Anand und arbeitet für Herrn Chinamann. „Wir nähen jeden Tag Beren, Hunde, Zebras, Elefantten… am Liebsten nähe ich Löwen.“, schreibt er in einem Brief an Gott. Anand bittet Gott darum, dass bald der Bauch seiner Mama für 9 Monate gemietet wird. Danach wird seine Familie ein besseres Leben haben. Er und sein Bruder werden keine Tiere mehr für Herrn Chinamann nähen müssen und wieder in die Schule können. Den Brief näht er in einen Kuscheltier-Löwen mit schiefem Auge ein, damit er nach „Orpoa“ kommt, denn dort lebt Gott bestimmt. Deutschland, es ist Weihnachten. Emma packt gerade all ihre Spielsachen in ein Paket, um sie Kindern in Afrika zu spenden. Das Einzige, was sie eigentlich behalten will, ist der Löwe mit dem schiefen Auge. Der erinnert sie an die Zeit, als ihre Mutter und ihr Vater sich nicht dauernd gestritten haben. Obwohl Weihnachten ist, streiten ihre Eltern auch jetzt — und so landet der Löwe zuletzt doch in dem großen Paket und kommt zu Zula in den Senegal, später zu Vanya in Spanien, dann zu Alex, und irgendwann zu dem Zwillingsmädchen und dem Zwillingsjungen, die gerade noch im Bauch einer Mama wohnen, die später nicht ihre Mama sein wird.
Nino Haratischwilis erstes Stück für Kinder gewann 2021 den Mülheimer Kinderstückepreis. Es berichtet von jungen Menschenkindern, verstreut über den Globus, den unterschiedlichen Leben, die sie leben, und den Umständen, in denen sie aufwachsen. Ohne erhobenen Zeigefinger zeigte es poetisch und bildgewaltig jungen Zuschauer*innen den ökonomischen Kreislauf einer globalisierten Welt und seine Folgen.
Dauer: ca. 70 Min keine Pause