Der Film beginnt mit einer zunächst verwirrenden Szene: Da sitzt eine Frau in der Badewanne, etwas altmodisch sind die bordeauxroten Kacheln, wie überhaupt das ganze Interieur. Die Frau wäscht sich die Haare, erzählt von ihrer Frigidität in jungen Jahren, ihrer Beziehung zu einem sexsüchtigen Mann, dessen Trieb sie fast gleichgültig über sich ergehen ließ. Es scheint Anke Engelke zu sein, doch etwas stimmt nicht: es ist die Stimme, die nicht zu der angesehenen Schauspielerin, Moderatorin, Comedian und Synchronsprecherin passt. Anke Engelke gibt acht verschiedenen Frauen im Alter von 30 und 75 Jahren ihr Gesicht, wird zu ihrem Sprachrohr. Die Stimmen aber kommen von diesen Frauen, die alle von ihren meist ambivalenten Gefühlen des Mutterseins berichten. Es ist eine höchst artifizielle Dokumentation, die sich dem seit einigen Jahren immer wieder sehr kontrovers thematisierten Komplex der Mutterschaft widmet. In der zweiten Szene steht Anke Engelke in einem weißen, modernen Schlafzimmer vor einem Schrank und zieht sich an, um ein wenig später in einen altmodischen roten Honda einzusteigen. Es sind Bilder, Stimmen und Geschichten, die nur schwer zusammenzubringen sind. Denn Anke Engelke vereint all diese acht Frauen. Zwar ändern sich Stimmen, Geschichten und Situationen in feinen Nuancen: mal legt sie Wäsche zusammen, mal ist sie in einer Aerobic-Stunde, arrangiert Schnittblumen, sitzt nachdenklich auf einem Sofa und monologisiert die unterschiedlichen Lebensgeschichten und Gedanken der Frauen. Grandios gelingt es ihr, die Erzählungen der Frauen nicht nur mit den Mundbewegungen erfahrbar zu machen, sondern mit ihrer ganzen Gestalt. Gebannt schaut man ihr dabei zu.

Filmforum, Kino

Mutter

  • Acht Frauen erzählen von ihrem Muttersein, eine einzige verkörpert sie: die großartige Anke Engelke.
  • R+B: Carolin Schmitz – K: Reinhold Vorschneider – M: Michael Busch – Stimmen: Helga Michels, Erika Nagel, Heike Thelen, Barbara Niklaus, Johanna Hamma, Marianne Tigges, Nicole Kalteier – DEU 2022, L: 88 Min. FSK 0