Er adaptiert den Roman „Über uns“ von Eshkol Nevo und verlegt dessen erzählerisches Kaleidoskop geschickt von Israel in ein Apartmenthaus nach Rom. Die Geschichte entfaltet sich über ein Jahrzehnt hinweg. Eine glücklose Hausgemeinschaft:  Moralische Entgleisungen, Stockwerk um Stockwerk. Es beginnt mit einem Crash – Andrea, (der Sohn von Dora und Vittoria) ist im Vollrausch mit seinem Auto in die gemeinsame Wohnung im Erdgeschoss gerast und hat dabei eine Frau am Straßenrand getötet. Seine Eltern sind Richter und völlig verunsichert. Das Dilemma in der nächsten Wohneinheit ist noch verzwickter: Lucio bezichtigt den dementen Nachbarn Renato, er habe sich beim Babysitten an seiner siebenjährigen Tochter vergriffen. Dazwischen lebt Monica als mental Beschädigte, die ihr Kind allein auf die Welt bringt, weil ihr Mann nie da ist, wenn sie ihn braucht. Sein Bruder taucht bei ihr auf, ein gesuchter Betrüger auf der Flucht. Diese ineinandergreifenden Geschichten sind ausgezeichnet inszeniert und gespielt. Moretti setzt diese Verwerfungen mit nüchterner Achtsamkeit in Szene. „Drei Etagen“ bekräftigt die Verbürgerlichung seines Kinos, die vor zwei Jahrzehnten mit seinem Meisterwerk „Das Zimmer meines Sohnes“ einsetzte. Aber zu einem belastbaren Optimismus mag er redlicherweise nicht finden. Es schält sich allmählich ein Unbehagen am Patriarchat heraus. Wie gut nur, dass in den „Drei Etagen“ kluge Töchter heranwachsen.

Filmforum

Tre Piani / Drei Etagen OmU cinema italiano

  • Der erste Film von Nanni Moretti, der nicht auf einem eigenen Originaldrehbuch beruht.
  • R: Nanni Moretti – B: Nanni Moretti, Federica Pontremoli – K: yMichel D‘AttanasioM: Franco Piersanti – D: Margherita Buy, Riccardo Scamarcio, Alba Rohrwacher, Nanni Moretti, Adriano Giannini – Italien 2021, L:119 Min. FSK 12