Ein Mann mit Geist. Der Geist schwindet. Der Mann wird immer hilfloser. Zuvor hat er deutlich gesagt, dass so ein Leben ohne Erinnerungen für ihn keinen Wert habe. In einem solchen Fall wolle er lieber sterben. Mit seiner Frau hat er verabredet, dass sie ihn dabei im Zweifelsfall unterstützt. Doch die Frau, deren Namen der Mann nach über 50 Jahren Ehe auch irgendwann vergisst, verweigert diesen letzten Dienst. Sein Geist sei weg, sagt sie, aber sein Gefühl sei da. Sie findet eine Pflegerin, die den Mann den größten Teil des Tages betreut. Und er, der einst bedeutende Bücher schrieb und starke Reden hielt, erfreut sich nun an kleinen Tieren und Leberkäsweckle. In der Stadt, in der die beiden schon lange leben, sagen viele, dass die Frau ihren Mann verraten habe. Doch sie lässt sich nicht beirren.

In Deutschland leben geschätzt 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenz. Durchschnittlich treten Tag für Tag etwa 900 Neuerkrankungen auf. Walter Jens zählte zu den führenden Intellektuellen in Tübingen und der BRD, als im Jahr 2004 seine Erkrankung begann. Neun Jahre später starb er. Am 8. März 2023 wäre er 100 Jahre alt geworden.

Regie und Ensemble ist in Tübingen ein einfühlsamer und poetischer Abend gelungen, der mit Hilfe des Bühnenbildes und der Ausstattung die Verstrickungen und die Verletzlichkeit des menschlichen Geistes sichtbar werden lässt.

Dauer 100 Min keine Pause

 

Schauspiel

Vom Wert des Leberkäsweckles

  • Eine Erkundung zu Demenz und Gesellschaft am Fall Walter J. von Jörn Klare
  • Landestheater Tübingen
Regie Sascha Flocken
Es spielen Justin Hibbeler, Hannah Jaitner, Insa Jebens, Lucas Riedle